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'Die Websites der Magazinpresse'
 
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Die Websites der Magazinpresse

L'EXPRESS und DER SPIEGEL
L'EXPRESS, wichtiges "news magazine" in Frankreich, bietet eine strukturierte, aber überladene Leitseite an (vgl. Abb. 2). Eine horizontale Bildlaufleiste ist zwischen einerseits einem Werbebanner mit einem kleinen Logo, einigen Kurzhinweisen und einer Werbung und andererseits einem größeren seitenzentrierten Logo und dem Hinweis auf den Leitartikel links gequetscht. Die Leiste präsentiert die großen Rubriken der Site, ebenso die Stellenangebote und die kommentierten Fernsehprogramme. Die Leiste verändert sich mit jeder Themenwahl. Das ausgewählte Thema verschwindet von der Leiste, die Seite nimmt jedoch die dem Thema zugeordnete Farbe an: Grün für Aktuelles (L'Express Info), Malvenfarbig für Stellenangebote, Rot für Multimedia, Meerblau zur Erlangung einer E-Mail-Adresse von L'EXPRESS und Gelb für Bücher. Betrachtet man diese Themen etwas genauer, stellt man fest, dass das "corporate design" nicht überall eingehalten wird. Das Meerblau für die Mail verwandelt sich auf derselben Seite in Grau. Der größte Unterschied wird allerdings sichtbar, wenn man die Seite "Bücher" besucht: Zwar wird die Farbe eingehalten, aber das äußere Erscheinungsbild der Seite ändert sich radikal. Sie besteht nicht mehr aus vier Spalten, sondern aus drei, wobei die dritte auf der rechten Seite lediglich eine Suchmaschine für Bücher ist. Die Navigationsleiste links schlägt ein Amalgam von Titeln und Genres vor: En bref = In Kürze, Agenda littéraire = Literaturkalender, Livres = Bücher, Palmarès = Preisgekrönte Werke, Extraits = Auszüge, Ecrivains = Autoren, Dossiers. Das Thema "Bücher" ist in vier Kategorien unterteilt, zwei davon in verschiedene Unterkategorien: 

  • Französische Romane, 
  • Ausländische Romane, 
  • Gruppe 1 : Kriminalromane, Science-fiction, Comics, 
  • Gruppe 2 : Dokumente und Essays 

Obgleich weitere literarische Genres nicht vertreten sind, lässt sich im Vergleich zu anderen Sites wie derjenigen von LE PARISIEN feststellen, dass sich L'EXPRESS zumindest von diesen abheben möchte, indem ein Thema der Website nicht der "Kultur" im allgemeinen Sinne, sondern speziell Büchern gewidmet wird.

Die behandelten Themen werden dem aktuellen Magazin entnommen. Manchmal erkennt man bereits am behandelten Sujet, dass ein Ideenmangel herrscht. Zum Beispiel: die Freimaurer, eine typische "alte Platte", die lange im Voraus für eine Ausgabe vorbereitet wurde, der es an Ideen oder aktuellen Themen fehlt. Die übrigen Themen sind ein guter Mix aus französischer Innen- und Außenpolitik, Wirtschaft und Kultur. Es versteht sich von selbst, dass versucht wird, die Site als Werkzeug für die Präsentation aktueller Nachrichten einzusetzen und wie LE MONDE die neuesten Meldungen der Nachrichtenagenturen zu veröffentlichen. Durch diese Merkmale nähern sich die Websites der Wochenpresse und der Tagespresse einander an.

DER SPIEGEL, das wichtigste deutsche Nachrichtenmagazin, auch nachdem FOCUS im Jahr 1993 auf dem Markt erschien, bietet ein nüchternes Layout, das vom "corporate design" des Titels geprägt ist. Die rote Leuchtfarbe des Titels ist auf der Einstiegsseite ebenfalls überall präsent. Wie L'EXPRESS benutzt DER SPIEGEL sein Logo doppelt, beim zweiten Mal in einer leicht modifizierten Variante, die mit dem sehr eleganten "Online" darunter eine Einheit bildet (10).

Abbildung 12:

Einstiegsseite des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL

 

 

 

 

Das Konzept ist einfacher als bei fast allen anderen Sites: ein Header ohne Werbebanner und nur sehr wenige Links. Dort finden sich vor allem die verschiedenen Abonnementformen, um die Nachrichten per E-Mail, über den persönlichen digitalen Assistenten (PDA) oder das Mobiltelefon zu empfangen (i-mode).

Auf der Leitseite gibt es nur eine vertikale Navigationsleiste, die Ressorts sind zuweilen durch eine Leerzeile getrennt.

Es herrschen Themen vor, die "langfristig" aktuell sind: Steuern und die Irakfrage, aber auch die Tage nach der Bundestagswahl vom 21. September. Die "heißen" Nachrichten erscheinen erst im Hintergrund unter dem Navigationspunkt "Schlagzeilen" und "Das Bild des Tages".

Zwei Dinge sind besonders erwähnenswert: Bei einem Besuch der Webseite bemerkt man rasch, dass jede Rubrik eine andere Farbe besitzt. Allerdings sieht man auf der Einstiegsseite diese Farbe nicht. Ist dies ein Nachteil? Semiotisch gesehen, ja, denn man erhält niemals einen Überblick über die Farben. Das Leitsystem funktioniert daher nicht. Vom Ästhetischen her ist die Entscheidung, weniger Farben zu benutzen, sogar gut. Man stelle sich nur diese Seite mit dem ganzen Farbspektrum vor. Manchmal wird also auf ein perfekteres Leitsystem verzichtet, damit die Einstiegsseite nicht zu grell wirkt.

Der zweite Hinweis betrifft die Werbung: Auf den ersten Blick sieht man auf der Site kaum Werbung. Schaut man aber genauer hin, finden sich nahezu überall Werbeanzeigen. Sie sind jedoch nicht an der üblichen Stelle über dem Header platziert, sondern finden sich an verschiedenen Positionen. Im obigen Beispiel ist der dunkle Balken rechts in Wirklichkeit eine computeranimierte Reklame, die das Auge des Anwender-Zuschauers durch ihre Größe und ihre dennoch diskrete Animation viel stärker anzieht.

DER SPIEGEL unterscheidet sich von allen hier präsentierten Sites dadurch, dass die Werbeanzeigen kreativ gestaltet sind und flexibel positioniert werden können.

CAPITAL online: Vergleich von zwei Ausgaben eines (deutschen und französischen) Titels
Der Titel CAPITAL wird hier in zwei Ausgaben präsentiert, diejenige des Mutterhauses G+J und die ihrer französischen Tochtergesellschaft, Prisma Presse. Aus ihrem Vergleich wird der unterschiedliche Einstellung der beiden Unternehmen im Hinblick auf das Internet (vgl. § 13.1) deutlich.

Die Zeitschrift CAPITAL besitzt, obwohl es sie schon lange gibt, (11) ein gutes Markenimage: nämlich das eines stets jungen und dynamischen, aber auch seriösen und gut geführten Magazins. Dieses Bild spiegelt sich ebenfalls in der Leitseite wider, die sehr wenige Farben aufweist und eine gewisse Nüchternheit ausstrahlt. Grau und Rot herrschen weitgehend vor. Hervorzuheben sind die Kurven der beiden deutschen Aktienindizes ganz oben, die eher selten vorkommenden und kleinen Bilder, die übereinstimmende Ausrichtung der Textblöcke, das klassische Layout in drei Spalten mit einem allgemeinen Titel. Die Effizienz findet ebenfalls Ausdruck in den beiden Suchmöglichkeiten, mit denen der Anwender schnellstmöglich Zugang zu seinen Aktienkursen bekommt: durch die WKN (Wertpapier-Kennnummer) oder über den Namen. In der zweiten Reihe des Headers verweisen einige Icons auf besondere Dienstleistungen: die Börsentipps und Depeschen. Die beiden anderen Icons betreffen den Titel selbst: Sie verweisen auf den Abonnementservice und kreieren einen Shortcut, um die Einstiegsseite zur Startseite des Navigators zu verwandeln.

Abbildung 13:

Die Einstiegsseite von CAPITAL (D)

 

 

 

 

 

Auf der linken vertikalen Navigationsleiste steht die Börse ebenso an erster Stelle. Dann folgen unmittelbar Themen, die ein breites Publikum interessieren: Private Finanzen, Steuern, Immobilien, Karriere, Leben und schließlich das aktuelle Magazin.

Die Bildlaufleiste kündigt bereits an, was die Textanalyse bestätigt. Nicht Wirtschaftspolitik ist zentrales Thema, sondern die wirtschaftlichen Fragen des Einzelnen. Darin liegt auch der Schlüssel zum Erfolg von CAPITAL: Zur Sprache kommen speziell auf Frauen zugeschnittene Ratschläge im Falle einer Entlassung, die Geltendmachung von Berufskleidung in der Steuererklärung, Tipps zur Modernisierung einer Gebrauchtimmobilie mit ökologischen Materialien und Auslandsversicherungen. Die Sätze sind kurz und das Vokabular ist einfach gehalten. Aber weiter geht das Angebot nicht: Abgesehen von den Börsennachrichten, findet sich kaum Aktuelles. Es wurde die Chance verpasst, den Aktionsrahmen in Richtung auf mehr Aktualität auszuweiten. Dies ist jedoch absolut nachvollziehbar, wenn man weiß, dass der Verleger ein zweites Online-Angebot, die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND, besitzt, welche dieses User-Segment abdeckt. Um Kannibalismuseffekte zu vermeiden, sind die Aktivitäten klar getrennt worden.

CAPITAL weiß als Druck- und als Online-Zeitung sehr gut, wie man mit dem Arsenal der Werbung umgeht: Die Werbung wird zwischen den beiden Ausgaben und den anderen Titeln des Konzerns gekoppelt, es gibt Vorzugstarife für Inserenten, Austäusche mit Herausgebern von Programmpaketen, alles ist möglich. Auf der screen shot sind drei Positionierungen sichtbar:

  • eine am Kopf der Seite in der Größe eines klassischen Werbebanners,
  • die zweite rechts, wenn man die Seite nach rechts verlängert, in der auf 800 Pixel Breite definierten Größe,
  • die dritte als Pop-up, das erscheint, wenn man die Seite öffnet oder wechselt.

Allerdings sieht man auch, dass die Technik weniger ausgefeilt ist als im Beispiel des SPIEGELS. Der Block rechts ist absolut nicht in das Layout integriert, sein oberer Rand ist oben nicht bündig, außerdem ist die weiße Leerfläche zwischen redaktionell bearbeiteter Seite und Werbung zu groß.

Die Website der französischen Version unterscheidet sich deutlich. Obwohl das Markenimage des Titels Ähnlichkeiten mit dem seines großen deutschen Bruders aufweist, ist sein optisches Erscheinungsbild zu einfach, das Layout ist bunt, ohne Mehrfachzugänge und Handlungsappelle. Es wird zu sehr auf die Druckversion abgehoben. Die Site wirkt eher wie die Homepage einer x-beliebigen Firma denn als eine seriöse Informations-Website. Man hat den Eindruck, als sei das Layout Ende der 1990er Jahre entstanden, die gemessen an der Internet-Geschichte sehr lange zurückliegen!

Abgesehen davon, dass die Seite an die Titelseite des aktuellen Magazins anknüpfen will, möchte sie auch zu Kaufhandlungen animieren: mit einem Appell, das Blatt zu abonnieren, dem Hinweis auf eine kostenpflichtige Telefonnummer für Börsentipps (die übrigens in Lizenz eingekauft werden) und mit der Bestellung von (natürlich zu bezahlenden) Immobilienbewertungen. Es ist offenkundig, dass die Site auf diese Weise mit einer Cross-Media-Strategie refinanziert werden soll, was zwar völlig normal, aber in der Umsetzung nicht an die Leserschaft und das Image angepasst ist, das zu einer Website mit Wirtschaftsinformationen des Kalibers von CAPITAL gehört.

Die beschriebene Ausrichtung setzt sich im Übrigen auf der Navigationsleiste links fort. An erster Stelle finden sich das gedruckte Magazin mit dem Leitartikel, der Kontakt zur Redaktion und der Hinweis auf das Abonnement. Die Börse nimmt lediglich den zweiten Platz ein, gefolgt von einem Forum über ein einziges Thema (!), das mit dem Hauptthema der aktuellen gedruckten Ausgabe korrespondiert, und schließlich stößt man wieder auf die Rubrik Immobilien, die de facto ein weiterer Appell ist, auf die Immobilienbewertungen, die in einer früheren Nummer des Magazins erschienen sind, zu reagieren.

Abbildung 14:

Die Einstiegsseite von CAPITAL (F)

 

 

 

 

 

 

 

Diese Website, die aktuelle Nachrichten auf der Einstiegsseite vermissen lässt, weckt kaum das Bedürfnis zu einem zweiten Besuch. Obwohl der Verleger im Sommer 2002 beschlossen hat, Börseninformationen einzubauen, sind diese nur auf der zweiten Ebene der Site-Struktur zugänglich und zudem nur eine lizenzierte Version des Börsenspezialisten www.boursier.com [1] . Dies ist erstaunlich, da die Redaktion von CAPITAL sicher viele Informationen selbst produziert, und liegt wahrscheinlich daran, dass kein redaktionelles System vorhanden ist, welches eine problemlose Übernahme der Elemente ins Internet erlaubt. (vgl. § 0).

Die Website www.capital.fr [2] ist mit ihrem deutschen Pendant kaum zu vergleichen. Es ist deutlich erkennbar, dass der Herausgeber nicht an das Internet glaubt. Dass er es als Vehikel benutzt, um neue Abonnenten zu gewinnen, kann nicht verurteilt werden. Aber weder die Präsentation noch die vorgestellten Inhalte entsprechen dem Image, das sich die Zeitschrift und ihr Verlagsunternehmen Prisma Presse ansonsten verleihen möchten.

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Anmerkungen

(10) Cette mise en page n'est pas régulière. Parfois, cette bannière superposée n'apparaît pas. Ainsi, la mise en page gagne en clarté. Mais on ne peut pas en déduire une règle.

(11) CAPITAL fut créé en 1962 par la maison d'édition allemande Jahr. Cette entreprise familiale de Hambourg était déjà à l'époque connue pour quelques titres de la presse magazine (p. ex. CONSTANZE, BRIGITTE). En 1965, la fusion de deux entreprises d'édition, Bucerius et Jahr, et d'une entreprise d'imprimerie, Gruner, créa une grande maison d'édition et d'imprimerie qui, par la suite, a vu l'arrivée de Reinhard Mohn, patron de l'entreprise familiale Bertelsmann dans son capital. Aujourd'hui, Bertelsmann détient 74,9% du capital de G+J et la famille Jahr une minorité de blocage de 25,1%. Depuis 1977, son activité internationale est très connue (cf. l'article dans ce livre à propos de l'internationalisation).