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'Theater und Museen in Baden-Württemberg: "Kultur in der Provinz"'
 
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Theater und Museen in Baden-Württemberg: "Kultur in der Provinz"

Die frühere politische Zersplitterung des heutigen Raumes von Baden-Württemberg wurde schon im Beitrag von Große/Kempf [1]  umrissen. Betrachtet man genauer, wo sich die bedeutenden Theater, die großen Museen und sonstigen Kulturstätten (Schlösser, Kirchen, usw.) befinden, dann erkennt man Zusammenhänge mit den mittelgroßen oder kleinen Ländern, die in den Jahrhunderten vor der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1806) auf dem Territorium des jetzigen Bundeslandes existierten. Dort gab es: 

  • den rechtsrheinischen Teil der Kurpfalz mit ihren Residenzen in Heidelberg (1689 und 1693 von französischen Invasionstruppen zerstört) und Mannheim (1720-1778 neue kurpfälzische Residenz mit berühmten Musikern und Komponisten am Hofe, daher das bekannte Opernhaus) sowie der Sommerresidenz in Schwetzingen mit ihrem Hoftheater, 
  • zwei badische Herrschaften seit der Teilung (1535) in das katholische Baden-Baden (das Schloss beherbergt das Zähringer-Museum) und das lutherische Baden-Durlach, dessen Zentrum später das neugegründete Karlsruhe (s. unten) wurde, 
  • den "Flickenteppich" von Vorderösterreich mit Freiburg (1651 Hauptstadt Vorderösterreichs), der Ortenau, Rottenburg und Horb, 
  • das Herzogtum Württemberg im Raum um Cannstadt, Waiblingen, Esslingen und Stuttgart, dazu 
  • die Grafschaft Hohenzollern um die Burg südlich von Hechingen, d.h. den Stammsitz der späteren Markgrafen von Brandenburg (1415) und danach Herrschern von Preußen (1618/ 1701), 
  • das Fürstentum Fürstenberg mit Sitz in Donaueschingen (Museumsgründung schon 1806) sowie 
  • im Norden des heutigen Bundeslandes die Hohenlohe-Fürstentümer, die sich in der Reformationszeit in eine protestantische und eine katholische Linie teilten. 

Abbildung 8:

Heidelberg

 

Internet-Quelle [2]

Das waren bereits neun Länder. Hinzu kamen noch diverse weitere freie Grafschaften, Reichsstädte wie z.B. Rottweil [3] und Heilbronn [4] sowie auch geistliche Herrschaften. Seit Ende des 17. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert galten überall in Deutschland das Schloss, der Park und das Hoftheater Ludwigs XIV. in Versailles als Vorbild. Einige Beispiele: Der Markgraf von Baden-Baden ließ sich in Rastatt [5] ein Schloss à la mode erbauen. Sein Verwandter und Rivale Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach gründete 1715, im Todesjahr Ludwigs XIV., Karlsruhe [6] als glanzvolle Residenzstadt (1717-1918) mit den strahlenförmig vom spätbarocken Schloss [7] aus verlaufenden 32 Straßen [8] , dem Schlossgarten, dazu Theater, Oper, später auch Museen. Die Fürstbischöfe von Speyer ließen sich das Schloss Bruchsal [9] errichten. Ähnliche Bauten und Anlagen entstanden im heute württembergischen Landesteil, z.B. Ludwigsburg [10] mit seinem Schloss und Park als Sommerresidenz des Herzogs von Württemberg. Überall suchte man mit Versailles zu rivalisieren, sich auch kunstsinnig zu zeigen (daher u.a. die vielen Gemäldesammlungen, die Theater und die geometrisch angelegten Parks).

Abbildung 9:

Karlsruhe von Norden nach Süden gesehen, 1739

 

 

 

 

 

Internet-Quelle (karlsruhe.de)

Zwischen 1802 und 1806 veranlasste Napoleon die Auflösung der kleinen Territorialstaaten, des Kloster- und Kirchenbesitzes und der freien Reichsstädte. Die rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz mit Heidelberg und Mannheim, dazu der größte Teil Vorderösterreichs fielen nun an Baden, das schon Ende des 18. Jahrhunderts durch Aussterben der einen Linie zu einem größeren Land geworden war und sich nach dieser "Flurbereinigung" als Großherzogtum bezeichnen durfte. Württemberg erhielt diverse fränkische Gebiete im Norden und zahlreiche Besitztümer im Süden bis zum Bodensee (nur Hohenzollern blieb selbständig). Napoleon ernannte es zum Königreich.

Abbildung 10:

König Friedrich im hermelinbesetzten Krönungsmantel neben dem kaiserlichen Herrscher Napoleon

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Württembergisches Landesmuseum Stuttgart. Affiche de l'exposition "Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons", 16.05-05.08.1987, montage: Holger Matthies

Seit dieser Zeit gibt es Baden und Württemberg im heutigen Sinne. Daher sind diverse Kultureinrichtungen des heutigen Bundeslandes doppelt vorhanden: Staatliche Kunsthalle (Karlsruhe) und Staatsgalerie (Stuttgart), Staatstheater [11] (Karlsruhe) und Staatsoper [12] (Stuttgart), Landesbibliothek [13] (Karlsruhe) und Landesmuseum [14] (Stuttgart). Aber die Vielfalt der Theater, Museen, Schlösser und Schlossparks im heutigen Baden-Württemberg geht auf die ältere, vornapoleonische Kleinstaaterei zurück. Gerade diese Vielfalt trägt zum kulturellen Reichtum des Landes bei. Betrachten wir sie etwas genauer:

Die beiden größten Opernhäuser des Landes in Stuttgart und Mannheim gehören zu den bedeutendsten der Welt. Daneben gibt es noch weitere neun überregional bekannte Stadttheater sowie drei Landesbühnen. Aber auch eine Fülle von Kleintheatern ist über das Land verstreut.

Bereichert wird das Kulturleben im "Ländle" durch zahlreiche Museen teilweise von Weltruf wie die Stuttgarter Neue Staatsgalerie [15] (Architekt James Stirling), die Städtische Kunsthalle Mannheim [16] , das Landesmuseum für Technik und Arbeit [17] in Mannheim, die Staatliche Kunsthalle [18] und das Badische Landesmuseum [19] (im ehemaligen Schloss der Großherzöge) in Karlsruhe. In Marbach am Neckar [20] sind das Schiller-Nationalmuseum [21] und das Deutsche Literaturarchiv [22] beheimatet.

Zum fünfzigjährigen Landesjubiläum (ab Dezember 2002) "schenkte sich" Baden-Württemberg das Haus der Geschichte [23] in Stuttgart. Zusammen mit der Neuen Staatsgalerie, dem Kammertheater und der Musikhochschule [24] bildet es ein Ensemble nach den Plänen des schon genannten britischen Architekten J. Stirling. Drei Baudenkmäler bzw. Kulturlandschaften (die Insel Reichenau [25] und die Klosteranlagen von Maulbronn [26] und - offiziell schon zu Hessen gehörig - Lorsch [27] ) wurden von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Insgesamt stellte das Land im Jahre 2001 rund 680 Mio. DM für Kunst- und Kulturpflege zur Verfügung.

Heute allerdings lässt sich wegen der Verschuldung des Landes, der Städte, selbst der meisten kleineren Orte die Subventionierung der Theater [28] und Museen (ebenso wie z.B. die der Schwimmbäder, des öffentlichen Nahverkehrs oder der Sportvereine) nicht mehr im gleichen Umfang aufrechterhalten. Die Stadt Freiburg z.B. ist stark verschuldet. Dennoch gilt: "14 Millionen Euro pumpte die Stadt Freiburg 2002 in ihr Theater, von Landeszuschüssen ganz zu schweigen. Und damit war jede der oft auch nicht billigen Theater- und Konzertkarten mit durchschnittlich 68,78 Euro aus der Stadtkasse subventioniert" (Badische Zeitung, 9.8.2003: 8). Dies ist eine erstaunlich hohe Summe. Schon denkt man deshalb über die Kürzung der Theatersubventionen und die Schließung einiger Freiburger Museen nach, wogegen sich diese Institutionen natürlich wehren. Auf ähnliche Verteilungskämpfe trifft man in den meisten baden-württembergischen Städten. Wie sich die geschichtlich bedingte kulturelle Vielfalt Baden-Württembergs in den Zeiten schmalerer Budgets so gut wie möglich erhalten lässt, das bleibt also eine offene Frage.

Abbildung 11:

Anzeige: Haus der Geschichte Baden-Württemberg

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Badische Zeitung, 13.12.2002, 5

Nähere Informationen zu den Theater- und Opernprogrammen, den Museen und deren Sonderausstellungen, den Konzertfestivals usw. findet man unter www.tourismus-baden-wuerttemberg.de [29] mit vielen weiterführenden Links bzw. www.tourismus-bw.de [30] und www.kulturland-bw.de [31] (hier mit der Möglichkeit der Direktbuchung von Eintrittskarten).