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'Medien in der Region Rhône-Alpes: nur von regionaler Bedeutung'
 
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Medien in der Region Rhône-Alpes: nur von regionaler Bedeutung

Während Baden-Württemberg bei den Zeitungen siebzehn publizistische Einheiten aufweist und die alte Trennung zwischen Baden und Württemberg dabei die Zeitungslandschaft prägt, sind in der Region Rhône-Alpes lediglich zwei Tageszeitungen von Bedeutung: Le Progrès aus Lyon (mit neun Editionen im dicht besiedelten Departement Rhône und vier im östlich davon gelegenen Departement Ain), der auch den Mantel für La Tribune in Saint-Etienne liefert, sowie Le Dauphiné libéré aus Grenoble, eine Zeitung, die mit insgesamt 22 Editionen die gesamte übrige Region abdeckt, darunter selbst Gebiete wie die Ardèche und Savoyen, die niemals zur Dauphiné gehörten. Diese Verteilung ist das Resultat einer beispiellosen Expansionsstrategie des Grenobler Blattes, einer Neugründung von 1945, die sich im Laufe der Nachkriegsjahre in sämtliche Richtungen ausbreitete (Voyenne 1979, 168), auch nach Süden ins Gebiet des Provençal und nach Norden in die althergebrachte Stammzone des Progrès, der schon seit dem Second Empire Napoleons III. existiert. (Ein Relikt dieser Expansion bleibt Lyon Matin. Diese Zeitung, deren Auflage heute auf 7.400 Exemplare geschrumpft ist, gehörte lange - mitten in Lyon - zur Grenobler Gruppe.) Nach der Gegenattacke des Lyoneser Progrès und den darauffolgenden Verschuldungen, Turbulenzen und diversen Besitzerwechseln verleibte schließlich der Pariser Zeitungszar Robert Hersant im Jahre 1986 beide Konkurrenten seinen Imperium Socpresse ein. Insofern widerspiegelt sich die alte Rivalität zwischen Lyon und Grenoble noch heute in der räumlichen Verteilung der beiden tonangebenden Zeitungen. Delberghe (2001, 21) spricht deshalb von einem "Yalta de partage du territoire de la région Rhône-Alpes, fondé sur l'ancestrale rivalité entre Lyon et Grenoble".

Nach dem Tode Hersants wehte aber ein anderer Wind: Yves de Chaisemartin, Hersants Nachfolger an der Spitze der Socpresse, zwang beide Gruppen zu einer engen Zusammenarbeit unter dem Dach der im Jahr 2000 neugegründeten Holding Delaroche, deren Vorsitz er persönlich übernahm. Mit einer Modernisierung der Druckereien, die ca. 20 Farbseiten pro Tagesausgabe und diverse wöchentliche Supplemente in Farbe ermöglichen, und der Neugestaltung der Sonntagsausgaben beider Zeitungen soll dem Auflagenschwund Einhalt geboten werden. Denn im Jahr 2002 konnte Le Progrès mit La Tribune nur noch eine verkaufte Auflage von 253.961 Exemplaren (-4,06% im Vergleich zu 2001) vorweisen, und ähnlich schrumpfte die Verkaufsauflage von Le Dauphiné libéré auf 252.549 Exemplare (-2,94% gegenüber 2001, Zahlen aus: Stratégies, 2.5.2003, supplément "Chiffres clés 2002").

Im Vergleich zu den deutschen Regionalzeitungen fallen bei den Titelseiten die großen, fett gedruckten Schlagzeilen und die zahlreichen Farbfotos neben lauter knappen Ankündigungstexten ("appels") auf: eine schreierisch wirkende Aufmachung fast wie bei der Bild-Zeitung [1] . Der Grund dafür liegt im überwiegenden Direktverkauf dieser Zeitungen an den Kiosken, in dem lokalen "Tabacs" und Supermärkten und z.T. auch den Buchhandlungen, während die deutschen regionalen Abonnementblätter auf eine solche Ansprache potentieller Käufer verzichten können. Immerhin werden 36% des Progrès und 40% des Dauphiné-Blattes per Abonnement - hier überwiegend per Post - vertrieben, was einen gewissen festen Kundenstamm sichert.

Nur in der Region Rhône-Alpes existieren auch Ableger zweier Pariser Hauptstadtzeitungen, mit Le Monde Rhône-Alpes, dessen tägliche Berichterstattung aus der Region aber auf wenige Seiten beschränkt ist, und mit der täglichen Beilage Lyon Figaro im kleinen Tabloïdformat zum Figaro, die nur im Department Rhône vertrieben wird. Angesichts der dort lediglich ca. 8.000 (nach anderer Quelle: 12.558) verkauften Exemplare des Figaro (so im Jahr 2000) hat diese Beilage keine große Bedeutung.

Abbildung 15/16:

Verbreitungsgebiete des Progrès und des Dauphiné

Internet-Quelle

Auch der Zeitschriftenmarkt wird von Produkten aus der französischen Hauptstadt beherrscht. Immerhin hat die 1995 gegründete unabhängige Verlagsgruppe Lyon Mag erfolgreich in diesen Markt eindringen können. Ihr Monatsmagazin Lyon Mag (verkaufte Auflage 2002: je nach Quelle zwischen 22.000 und 30.000) setzt auf den "journalisme d'investigation" in respektlosem Tonfall. Die Zeitschrift erlebte mit Skandalgeschichten - z. B. gegen gewisse örtliche Notabeln oder auch gegen die angeblich mangelnde Qualität des Beaujolais nouveau - zwar diverse Prozesse, machte dadurch aber auch wiederholt von sich reden. Die Gruppe hat ihrem Hauptjournal inzwischen diverse weitere Magazine mit ausgesprochenem Regionalbezug hinzugefügt: das monatliche Wirtschaftsmagazin Nouvel Objectif Rhône-Alpes (ca. 10.000 Exemplare), die vierteljährliche Frauenzeitschrift Lyon femmes (15.000 Ex.), dazu neuerdings die Fußballzeitschrift Lyon foot, die monatlich erscheinen soll (Druckauflage: 20.000 Ex.), außerdem diverse unregelmäßig erscheinende Touristenführer im Zeitschriftenformat. Im Februar 2002 wagte die Gruppe sogar den Gang an die Börse, um sich frisches Kapital zu beschaffen. Auch eine Internetedition lyonmag.com [2] mit täglichen Lokal- und Regionalinformationen existiert bereits. Ob sich die aufstrebende unabhängige Gruppe behaupten kann - angesichts der Konkurrenz der Socpresse-Zeitungen, der seriösen Wochenzeitschrift Lyon capitale [3] (ebenfalls von der Socpresse, mit 13.000 verkauften Exemplaren pro Woche) sowie neuerdings auch der Gratis-Tageszeitungen metro [4] , die ein schwedischer Konzern weltweit in den Bahnhöfen und U-Bahnen vieler Großstädte (darunter Lyon) auslegt und jeweils mit einem Lokalteil versieht, 20 minutes [5] von einem norwegischen Konzern und Lyon Plus [6] (eigene neue Gratiszeitung [7] des Progrès bzw. der Socpresse, seit dem 15. März 2004), das wird die Zukunft zeigen. Denn zum Überleben der Presse sind die Einkommen durch Anzeigen aller Art unumgänglich. Je höher die verkaufte Auflage ist, umso mehr Geld kann man für die Anzeigen verlangen. Teilen sich aber immer mehr Konkurrenten den "Werbekuchen", der ohnehin in Rezessionszeiten schrumpft, dann geraten die kleineren Verlage schnell in die roten Zahlen.

Weiterhin zu nennen sind 15 Lokalradios im Raum Rhône-Alpes, das öffentlich-rechtliche Fernsehen France 3 Rhône-Alpes Auvergne mit seinen differierenden Lokalsendungen (19-20h.) u.a. für "Grand Lyon", Saint-Etienne und Grenoble und einem speziellen Wochenendprogramm samstags und sonntags von 11.15 bis 20 Uhr sowie der in Lyon terrestrisch empfangbare Sender TLM (Télé Lyon Métropole [8] ), an dem die Hersant-Gruppe Socpresse durch Ankauf vom defizitären Vivendi-Konzern im Jahr 2000 die Kapitalmehrheit erworben hat. Dadurch sind alle Kaufzeitungen, diverse Radiostationen und das praktisch einzige private Lokalfernsehen der Region (neben dem selbst dort eher unbedeutenden Sender TV8 Mont-Blanc [9] für Savoyen) inzwischen in einer Hand, und somit kann die Socpresse ihren Anzeigenkunden auch größere, für sie sehr profitable Werbekampagnen in allen drei Medien bieten.

Die mit viel Hoffnungen gestartete Fernsehgesellschaft Euronews [10] , die seit 1992 ihren Sitz in Ecully bei Lyon hat, sendet in sieben Sprachen (darunter auch deutsch) per Satellit und Kabel. Sie ist aber in vielen Kabelnetzen nicht empfangbar. 19 europäische öffentlich-rechtliche oder auch halbstaatliche Anstalten (darunter France Télévisions zu 28,2%, jedoch nicht ARD oder ZDF) halten sie nach dem Ausstieg des britischen privaten TV-Unternehmens ITN (2003) zu 100%. Dieser Ausstieg hat seine Gründe: Euronews fristet wegen der wachsenden Bedeutung der nationalen Nachrichtenkanäle in fast allen beteiligten Ländern inzwischen ein Schattendasein. Zwar wird das Programm nach Senderangaben in 143 Staaten der Erde verbreitet. Aber wer sieht es wirklich, und wie lange lässt er/ sie es eingeschaltet? Der Traum vom großen gesamteuropäischen Sender ließ sich also nicht verwirklichen, und auch deshalb ist, trotz der wirtschaftlichen und demographischen Bedeutung der Region Rhône-Alpes, ein zweiter großer "Medienpol" in Frankreich - neben Paris - weit und breit nicht in Sicht.

Für die aktuelle Information über die Region sind die meisten genannten Medien aber unverzichtbar.