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'Abbau der sozialen Unterschiede'
 
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Abbau der sozialen Unterschiede

Die Unterschiede in den sozialen Milieus zwischen beiden Ländern haben in den vergangenen Jahrzehnten deutlich abgenommen. Diese waren vor allem bei den Bauern und dem Bürgertum groß gewesen. In Frankreich war das traditionelle bäuerliche Milieu im 19. Jahrhundert noch weit stärker vertreten. Der Bauer, ohne Berufsausbildung, in der Familienwirtschaft aufgewachsen und an diese gebunden, meist im bäuerlichen Milieu verheiratet, mit einem vom Städter scharf unterschiedenen Lebensstil, war deutlich häufiger zu finden als in Deutschland. Das Bürgertum - in Frankreich schon im 19. Jahrhundert politisch einflussreicher, liberaler, in sich geschlossener - hatte durch die aristokratischen und proletarischen Schichten weit weniger Konkurrenz erhalten als in Deutschland. Es war nicht - wie hierzulande - durch die Inflation traumatisiert und durch die NS Zeit diskreditiert und deshalb auch nach dem Zweiten Weltkrieg in der französischen Öffentlichkeit präsenter und bestimmender für den Lebensstil des ganzen Landes.

Abbildung 16:

Sozialstaat Deutschland.

 Im internationalen Vergleich nehmen die Sozialausgaben in Deutschland eine Spitzenstellung ein.

 

 

 

 

Internet-Quelle [1]

Mit Beginn der fünfziger bzw. sechziger Jahre wurden die klassischen sozialen Trennlinien des Bürgertums zu den unteren Schichten - die akademische Ausbildung einerseits und der Besitz als Sicherheit andererseits - in beiden Ländern zunehmend schwächer. Mit der raschen Öffnung der Hochschulen für breite Schichten - in Frankreich noch stärker als in der alten Bundesrepublik oder der DDR - stieg der Anteil der Universitätsabsolventen von einer verschwindend kleinen, meist männlichen Elite zu einem Drittel (oder mehr) der Jahrgänge; darunter befanden sich nun auch sehr viel mehr Frauen. In beiden Ländern stellten Akademiker nicht mehr eine winzige Insel von Gebildeten in einem Meer von Volksschulabsolventen dar. Zudem weitete sich hier wie dort der Kreis derer, die über eigene Häuser, Wohnungen, Autos, Ersparnisse... verfügten. Mit dem entstehenden modernen Wohlfahrtsstaat verlor der Besitz seine einzigartige Bedeutung als soziale Sicherheit für Familien. Diese Veränderungen fanden auf beiden Seiten des Rheins in gleicher Weise statt. Die sozialen Milieus wurden ähnlicher.

Abbildung 17:

Bismarck und die staatlichen Sozialversicherungen

 • 1883 Krankenversicherungsgesetz mit Versicherungspflicht für fast alle gewerblichen Arbeitnehmer: Errichtung von Kassen; Gewährung von Krankenpflege, Krankengeld, Wochenhilfe, Sterbegeld, Familienhilfe; Beiträge: Arbeitnehmer 2/3, Arbeitgeber 1/3 

• 1884 Unfallversicherungsgesetz: Schutz bei Arbeits- und Weg-Unfällen und bei Berufskrankheiten; Träger Berufsgenossenschaften und Gemeindeversicherungsverbände; Mittelaufbringung durch die Arbeitgeber 

• 1889 Invaliditäts- und Altersversicherung mit Versicherungspflicht für alle Arbeitnehmer: Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrente vom 70. Lebensjahr an; Beiträge zu gleichen Anteilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern; Reichszuschüsse sind vorgesehen

 • 1911 Reichsversicherungsgesetz für Angestellte: Beiträge je zur Hälfte durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber 

Internet-Quelle

Lange Zeit war Deutschland das Land der massiven sozialstaatlichen Intervention gewesen. Seit der Bismarckzeit waren staatliche Sozialversicherungen entstanden, die in Europa in vieler Hinsicht als Modell galten. Der französische Sozialstaat hatte sich davon grundsätzlich unterschieden, hatte autonome, öffentlich nur subventionierte Sozialversicherungen entwickelt. In der Nachkriegszeit deutete sich ein neuer Gegensatz an: Die schon erwähnte französische "planification" schien plötzlich weit mehr als die westdeutsche soziale Marktwirtschaft auf den staatlichen Eingriff zu setzen, ähnlich wie die DDR. Die tief greifende Reform des Sozialstaats und die Schaffung der "sécurité sociale [2] " kündigte auf den ersten Blick einen noch rigideren Staatseingriff als in der Bundesrepublik an, weil sie sich am britischen Modell einer völlig einheitlichen, nicht mehr autonomen, öffentlichen Einheitsversicherung orientierte, wie sie auch in der DDR eingeführt worden war.

Abbildung 18:

Historique du système français de la Sécurité sociale

Aux solidarités restreintes exercées dans le cadre familial ou des métiers (corporations), la Révolution de 1789 et la Déclaration des droits de l'homme ont substitué une conception nouvelle de l'assistance. Les insuffisances et les limites de l'assistance donneront naissance dès le début du XXème siècle aux premières tentatives de création d'une sécurité sociale qui apparaîtra, dans ses principes et sa forme en vigueur aujourd'hui, en 1945.

 

Internet-Quelle

Seit den sechziger Jahren verlief die Entwicklung der Sozialversicherungssysteme Frankreichs und der alten Bundesrepublik allerdings durchaus ähnlich. Beide Länder führten nach und nach obligatorische Sozialversicherungen für den größten Teil der Bevölkerung ein. Diese wurden durch eine Mischung von Arbeitnehmer-, Arbeitgeber und Staatsbeiträgen finanziert. Die vergleichbar hohen Sozialausgaben nahmen trotz der öffentlichen Kritik am Wohlfahrtsstaat bis heute kontinuierlich - gemessen an der Wirtschaftsleistung - zu. In den jüngeren soziologischen Einteilungen der europäischen Sozialversicherungssysteme werden deshalb Frankreich und Deutschland dem gleichen kontinentaleuropäischen Typus zugeordnet, zuweilen auch "rheinisches Modell" genannt. Die heutigen Rentenprobleme bedrängen zwar das deutsche Sozialversicherungssystem stärker, weil die Geburtenraten niedriger sind. Aber Frankreich steht in der Zukunft vor ähnlichen Problemen.