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Die Rolle der UNO

Zunächst aber hatte sich die Bundesregierung verändert. Des Kanzlers Nein zu einer militärischen Aktion gegen den Irak ist im Wahlkampf ausgesprochen worden. Er und der französische Präsident wussten damals noch nicht, dass der Plan vom Team Perle/Wolfowitz, der seit 1998 vorlag, seit dem 11.September beschlossene Regierungspolitik gewesen war (und auch nicht, was sich erst im Juli 2003 feststellen ließ, dass die ständigen angloamerikanischen Luftangriffe keine Antwort auf irakische Luftzonenverletzungen, sondern auf die Zerstörung von Verteidigungssystemen angelegt gewesen waren). Warum aber war das Nein des Kanzlers ein anderes als das französische?

Chirac und de Villepin haben nie Nie gesagt. Hätten die UNO-Inspektoren unter Hans Blitz Vernichtungswaffen gefunden oder hätte Saddam Hussein ihre Mission offensichtlich vereitelt, so hätte Frankreich im Sicherheitsrat einer Aktion zugestimmt. Warum hat Gerhard Schröder übersehen, dass man eben in der Diplomatie nie Nie sagen sollte, sei es nur, weil eine solche Festlegung eine diplomatische Schwächung bedeutet? Meine – allerdings nicht genügend belegte – Interpretation ist, dass er einen dreifachen Irrtum begangen hat. Er hat überschätzt, wie viele Stimmen ihm seine Stellungnahme bringen würde. Die harten Pazifisten stimmten sowieso Grün oder SPD. Die PDS ist eher durch Wowereit in Bedrängnis gebracht worden als durch Schröder (Methode Mitterrand: Gysi als Senator für Wirtschaft, musste nur von Sparen reden und von Vorteilen für ausländische kapitalistische Investoren). Der Kanzler scheint geglaubt zu haben, dass man solch eine Ankündigung nach der Wahl einschränken kann wie jede andere. Und vor allem scheint er die Entwicklung der deutschen Öffentlichkeit unterschätzt zu haben. Für die Intervention in Kosovo ist Verteidigungsminister Scharping auf dem Evangelischen Kirchentag beklatscht worden: Dass Mitverantwortung auch militärische Konsequenzen haben mag, dies wurde langsam von vielen eingesehen. Vor und nach den Wahlen 2002 konnte der Wähler (einschließlich der CDU-Wähler, der dadurch von der SPD-Versuchung abgeschreckt werden konnte) den Eindruck haben, Deutschland würde auch dann nicht mitmachen, wenn alle anderen, Frankreich inbegriffen, von der Notwendigkeit überzeugt wären, Bush zu helfen, einen angriffsbereiten Tyrannen zu stürzen.

Abbildung 4:

Der Uno-Weltsicherheitsrate bei seinen Beratungen
zur Irak-Resolution am 17.10.2002

 

 

 

 

 

 

Internet-Quelle [1]

Auf französischer Seite ging es natürlich, wie üblich, um Prestige, aber auch um einen gewiss nicht gaullistischen Inhalt. Die UNO hatte der General stets verachtet und die «Weltgemeinschaft» der Nation untergeordnet. Diesmal sollte die UNO und vor allem der Sicherheitsrat Garant einer internationalen Ordnung sein, die einen Kriegsbeginn – auch im Namen der Vorbeugung – keiner einzelnen Regierung überlassen werden sollte, der amerikanischen inbegriffen. Man kombinierte somit den Appell an eine auf Recht begründete Weltordnung und den Wunsch, die Macht der USA einzuschränken.

Eine weitere Betrachtung hat auch eine Rolle gespielt, die man nicht unterschätzen sollte und die wahrscheinlich auch für Deutschland gilt. In Frankreich und in der Bundesrepublik gehört ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung dem Islam an. In Frankreich sind sie in der Regel Staatsbürger, in Deutschalnd aber nicht. Der Krieg gegen den Irak durfte nicht aussehen wie ein jüdisch-christlicher Krieg gegen den Islam. Das war auch eine Grundüberlegung der katholischen Kirche, vom Papst bis zu den französischen Bischöfen.

Frankreich war exponierter als die Bundesrepublik, dank des Vetorechts im Sicherheitsrat. Allerdings muss verstanden werden, was mit Veto gemeint ist. Als Bush die geplante zweite Resolution vor dem Angriff zurückziehen ließ, war die Erklärung «Ein französisches Veto wird sie zerstören» heuchlerisch. In Wirklichkeit gab es keine Mehrheit für die Resolution und Frankreichs Nein wäre kein Veto gewesen, sondern eine Nein-Stimme unter anderen.

Was gute, sogar bewundernswerte Diplomatie sein mag, das hat der französische Botschafter bei der UNO, David Levitte, gezeigt, als er die Einstimmigkeit für die große Resolution erreichte, die dann allerdings unterschiedlich ausgelegt wurde. Später hat er leider seinen Posten verlassen, um auf eigenen Wunsch Botschafter in Washington zu werden. Sein Nachfolger bei der UNO war ein «klassischer» Diplomat , mit viel weniger Sinn für multilaterale Verhandlung und somit weniger Einfluss.

Eins hat jedoch die französische Diplomatie völlig übersehen. Da die britische Stimme im Sicherheitsrat gewissermaßen zur zweiten Stimme der USA geworden war, hätte Frankreichs Ziel sein müssen, seinen Sitz, seine Stimme als Ausdruck nicht der französischen Nation, sondern der Europäischen Gemeinschaft darzustellen. Auch wenn Großbritannien und Spanien anderer Meinung waren. Dazu wäre aber nötig gewesen, die anderen als Gleichberechtigte zu befragen. Die anderen, d.h. die Mitglieder von 2002, aber auch die «Neuen» von 2004. Genau das Gegenteil geschah, als gäbe es keine Verbindung zwischen der Welt- und der Europa-Politik Frankreichs.